The Negro White and the White Negro: Fassbinder, Sirk, Vian

Ingo Zechner

Vortrag am Department of Germanic Languages and LiteraturesHarvard University
im Rahmen der BTWH-Jahrestagung 2004
10.-12. September 2004

Mit der Beschreibung des Hipster der 1950er Jahre als ‚White Negro’ hat Norman Mailer den Prototyp einer Aneignung ‚schwarzer’ Codes durch ‚Weiße’ geschaffen und gleichzeitig die Frage beantwortet, was an der ‚schwarzen Kultur’ schwarz sei. Mailer greift dabei auf rassistische Stereotype zurück, deren herkömmliche Bewertung er in ihr Gegenteil verkehrt. In seinem Aufsatz nimmt Ingo Zechner Mailers ‚White Negro’ zum Ausgangspunkt, um nach den logischen Bedingungen des Rassen-Diskurses zu fragen. Anhand der aristotelischen Logik und der ambivalenten Rassen-Theorie Immanuel Kants lassen sich Hautfarbe und Abstammung als einzige Merkmale ausmachen, die den Rasse-Begriff hinreichend definieren. Die in den Cultural Studies beliebte Zurückweisung der ‚Essentialisierung’ bestimmter Rasse-Begriffe muss deshalb kritisch hinterfragt werden, weil es jeglichem Rasse-Begriff an Essenz mangelt. Am Beispiel von Filmen Rainer Werner Fassbinders und Douglas Sirks sowie von Romanen Boris Vians versucht Zechner zu zeigen, wie der Rasse-Begriff durch das Auftreten von ‚Negro Whites’ und ‚White Negros’ seine letzte Evidenz verliert. Gleichzeitig wird klar, dass die Differenz zwischen deren Sein und Aussehen nicht nur epistemologisch, sondern durch soziale Machtverhältnisse bestimmt ist, die eine politische, ökonomische und sexuelle Dimension haben. Die häufig anzutreffende Ersetzung des Rasse-Begriffs durch Begriffe von Ethnizität und Kultur läuft deshalb Gefahr, entweder den überwunden geglaubten Rassismus zu wiederholen oder den Unterschied zwischen Rassismus und Xenophobie zu verkennen.

(Publikationsfassung: siehe Publikationen Aufsätze)

BTWH-Forschungsschwerpunkt 2003/2004: American Blackness